Das Gebot fairen Verhandelns

Vertragsreue
Vertragsreue – Photo by Anna Shvets from Pexels

ist eine Wiederbelebung eines Konstruktes aus Mitte der 2000er Jahre durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer Entscheidung aus dem Jahr 2019.

Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages

Es soll in den Fällen, in denen z.B.  eine Anfechtung eines übereilt geschlossenen Aufhebungsvertrages nicht (mehr) in Betracht kommt, auch zur Unwirksamkeit eines solchen Aufhebungsvertrages führen. Rechtlich handele es sich hierbei um die Verletzung einer Nebenpflicht, wenn eine Verhandlungssituation herbeigeführt oder ausgenutzt würde, die gegenüber dem Vertragspartner unfair sei. Dies läge immer dann vor, wenn die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners „in zu missbilligender Weise beeinflusst“ würde.

Beispiele für Verstösse gegen das Gebot fairen Verhandelns

Beispielhaft werden die Schaffung unangenehmer Rahmenbedingungen für ein Gespräch, das Ausnutzen körperlicher oder psychischer Schwäche,  das Ausnutzen von unzureichenden Sprachkenntnissen oder überhaupt die Nutzung eines Überraschungsmomentes „ohne triftigen Grund“ vom Bundesarbeitsgericht genannt.

Folge sei, dass ein unter diesen Bedingungen geschlossener Vertrag unwirksam ist und beispielweise bei einem unwirksamen Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortzusetzen ist. Hier können z.B. nicht unerhebliche  Vergütungsforderungen seit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages im Raum stehen.

Darlegungs- und Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast für einen solchen Verstoß trifft denjenigen, der sich auf den Verstoß berufen will, wobei allerdings Beweiserleichterungen bestehen.

Insgesamt ist festzustellen, dass mit der Schaffung dieses Gebotes ausdrücklich „unterhalb“ der Anfechtungstatbestände oder einer Prüfung der Sittenwidrigkeit ein Gutteil an Rechtsunsicherheit für beide Vertragsparteien im arbeitsgerichtlichen Verfahren hinzugekommen ist.